BERTOLD HUMMEL - Texte zu den Werken: opus 44


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Alleluja für Orgel, op. 44 (1972)


 
Beginn der Komposition

 

Uraufführung: 2. Mai 1972, Oldenburg, St. Lamberti
Dieter Weiss

Widmung: für Dieter Weiss

Aufführungsdauer: 7 Minuten

Autograph:
Titel: ALLELUJA
Umfang: 12 Seiten
Datierung: 3.IV.72
Aufbewahrungsort: 

Verlag: N. Simrock Hamburg-London (Boosey & Hawkes) ISMN M-2211-1806-6

ifo-records ORG 72222

Literaturliste des Deutschen Musikrates für den Wettbewerb "Jugend musiziert":
Schwierigkeitsgrad 4/ schwierig (Mittelstufe II)

 

Das Alleluja op. 44 entstand am Ostermontag 1972 in Salzburg. Das gregorianische österliche Alleluja - quasi als modus - ist in jedem Takt des Werkes präsent. Einer verhaltenen Einleitung, die bestimmt ist durch die tritonus-versetzte Strukturierung des Tonmaterials, wird das scharf akzentuierte Thema im Pedal entgegengesetzt. Über die zum Teil girlandenartig aufgelösten Varianten gelangt das Thema zu einem bitonalen Höhepunkt (f-moll und D-Dur gleichwertig). Die dramatische Entwicklung wird wiederholt, durch ariose Unterbrechungen aufgehalten, bis der Hauptgedanke endlich vollgriffig zu Ende geführt wird. Der Schlussakkord ist aus allen Tönen des Themas zusammengesetzt.

Bertold Hummel


Zu meiner Orgelkomposition "Alleluja" op. 44 ist folgendes zu berichten: Am Ostermontag 1972 - während einer Jahrestagung der CIMS - wurde das Werk von 22.30 Uhr bis 4.00 Uhr in der Früh in einem Zuge aufgeschrieben - in einer Klosterzelle auf dem Mönchsberg Salzburg.

Bertold Hummel (in einem Brief an Sigmund Bothmann am 4.2.1983)


In seinem Alleluja (1972) erscheinen Tontrauben, auch als Hintergrundakkorde für die Choralfloskeln, kurze Abschnitte mit ostinate Gliederung und rasche, umfangreiche Läufe durch die ganze Klaviatur. Dazwischen, darunter und darüber ist der cantus-firmus, oft in Akkorden. Ein Stück für Kathedral-Orgeln.

Victor Lukas (in "Orgelmusikführer" Reclam, Stuttgart 1963)

 


Larry D. Crummer: The Solo Organ Works by Bertold Hummel, Dissertation 1983


Im Jahr 1977 orchestrierte Bertold Hummel dieses Alleluja für großes Symphonierorchester und nahm es als opus 65 unter dem Titel Fantasia gregoriana in sein Werkverzeichnis auf.

 

Presse

Musik und Kirche, 42. Jahrgang, 1972/6 (November/Dezember)

Das Oster-Alleluja von Bertold Hummel wurde von dem jungen Würzburger Professor für Komposition eigens für die festliche Orgelpremiere (Führer-Orgel der Lambertikirche ind Oldenburg) komponiert. Das motivische Material dieser "Fantasie" besteht aus den ersten vier Tönen des gregorianischen Osterhymnus, der noch heute in der Osterliturgie der Katholischen Kirche lebendig ist. Aus der Keimzelle dieses einfachen Motivs entwickelt der Komponist seine Klangvorstellungen von Osterjubel und Auferstehungsfreude. Formal wird das Werk bestimmt von dem linearen Fortgang des gregorianischen Themas und vertikalen Akkordballungen. Aus allen modernen Klangwirkungen leuchtet immer der Urgrund des gregorianischen Chorals auf, bindet so die phantasiereichen Variationen zu einer Einheit und schafft einen geistig mystischen Grund.
Der besondere Reiz dieser eindrucksvollen Komposition liegt daher nicht so sehr im logisch formalen Aufbau - als vielmehr in seinem Reichtum an Bewegtheit und Klangfarben. Das wiederum verrät ded der Orgelpraxis nahestehenden Komponisten.
Eine technisch saubere, einfühlsam registrierte Interpretation des Werkes gab auf Aufschluss über das leidenschaftliche persönliche Engagement von LKMD Dieter Weiss für neue Musik allgemein und besonders für den Komponisten Bertold Hummel.
Katharina Haselier

 

Allgemeine Zeitung Mainz, 30.4.2009

In absolutem Kontrast dazu steht die Art, wie sich Bertold Hummel (1925-2002) dem Choral nähert, in diesem Fall dem bekannten österlichen Alleluja. Zwar ist das Thema immer erkennbar, aber die kompositorische Umgebung verfremdet es auf faszinierende Weise: Von geisterhaften Umspielungen über abenteuerliche Harmonisierung zu atemberaubenden Kaskaden von Single-Notes und messiaenhaften Clusters ist alles drin, was moderne Spieltechnik an der Orgel zu bieten hat.

 

Mainpost, 19.5.1976

Als gelungenen Abschluss und Brückenschlag zum zeitgenössischen Musikschaffen präsentierte Weinberger Hummels "Alleluja" von 1972. Mit dem gregorianischen Alleluja als Ausgangspunkt entsteht eine vielschichtige, eigenständige Klangwelt. Sie wird aus verschiedenen Motivkomplexen gebildet, die alle in Beziehung zum thematischen Ursprung stehen und dessen mannigfaltige, sonst verborgen gebliebenen Erscheinungsweisen aufzeigen. Zum Glück fehlt jede Anbiederung mit vordergründigen Plattheiten an überlieferte Hörgewohnheiten.


Saarbrücker Zeitung, 8. August 2012

Im Kontrast dazu stand Bertold Hummel mit einem gewaltigen und expressiven "Alleluja" aus dem Jahre 1972. Er entfaltete die bekannte gregorianische Melodie vor einem raffinierten, virtuos bewegten Hintergrund, der sich ihr auch zunehmend anzunähern schien.


Südkurier Donaueschingen,  22. Oktober 2012

Zum Ausklang erklang ein Oster- „Alleluja“ für Orgel op. 44 von B. Hummel, das durch Andreas Rütschlins Orgelspielkunst in seinem ganzen Reichtum an Bewegtheit und Klangfarben den Kirchenraum erfüllte. In diesem sehr expressiven und gewaltigen Alleluja' leuchtet trotz aller modernen Klangwirkungen immer wieder der Ursprung des gregorianischen Chorals hervor. Andreas Rütschlin macht mit seinem Vortrag deutlich, wie Bertold Hummel hier der Brückenschlag von der alten Tradition der Gregorianik zum zeitgenössischen Musikschaffen gerade auch im kirchlichen und gottesdienstlichen Raum gelingt.
Horst Fischer

www.lucidculture.wordpress.com , 26, January 2010

She closed with a showstopper, Bertold Hummel’s Alleluja. Messiaen-esque in its rapt, awestruck, somewhat horrified intensity, it’s a partita featuring a neat little flute passage over atmospheric pedals midway through, as well as a theme that borders on the macabre with its severe tonal clusters and recurs with a portentous triumph at the end. With its breathless staccato contrasting with big sustained block chords, it’s not easy to play, and Lee nailed it.


Mainpost, 22.6.2009

... bevor er die imponierende Komposition „Alleluja“ von Bertold Hummel zu Gehör brachte. Zwar ist bei diesem Stück das ursprüngliche Motiv, nämlich das österliche Alleluja, durchgehend erkennbar, wird aber durch moderne Spieltechniken der Orgel immer wieder verfremdet. So entwickelte sich eine Vielfalt an Klangwelten voller Bewegung und Dramatik.