Divertimento
Capriccioso für Cembalo und Kammerorchester, op.
15 (1958)
I.
Concerto
II.
Serenata Anfang
III.
Capriccio
Besetzung:
1.1.2.1 - 1.1.0.0 - Schlgz., Hrf., Cembalo, Streicher
Aufführungsdauer:
16 Minuten
Verlag:
N. Simrock Hamburg-London (Boosey & Hawkes)
(Leihmaterial)
Video: Hummelwerke
auf youtube
Der Cembalist
Fritz Neumeyer, in dessen Barockensemble ich jahrelang
als Continuospieler (Violoncello) mitwirkte, regte mich
zur Komposition des Divertimento Capriccioso
für Cembalo und Kammerorchester an.
Ihm schwebte eine unterhaltsame Musik in quasi barocker
Manier — doch im neuzeitlichen Gewande — vor. So suchte
ich nach einem "Urstoff" und fand ihn in einer damals
(1950) noch nicht edierten Oper "Il Flaminio"
von G.B. Pergolesi. Schliesslich kam es zu einem Concertino
für Cembalo und Kammerorchester.
Einige markante Tonfolgen Pergolesis lieferten das
Ausgangsmaterial für den 1. Satz Concerto,
der burschikos und optimistisch daherkommt mit leichten
harmonischen Verfremdungen.
Im 2. Satz Serenata steht eine
6/8-Melodie im Vordergrund; eine etwas bewegtere
ostinate Figur bestimmt den Mittelteil; die dreiteilige
Form wird erreicht durch die Wiederaufnahme der
6/8-Melodie mit einigen Varianten.
Rhythmische Verschränkungen beleben den 3. Satz
Capriccio und verleihen ihm etwas
Tänzerisches. Neben dem thematischen Material spielt der
Hinweis auf barocke Figuration eine besondere Rolle.
Im Ganzen musste eine sparsame Orchestrierung der
Lautstärke des Soloinstrumentes gerecht werden.
Bertold
Hummel
Mein Divertimento
Capriccioso verdankt seine Entstehung einer
Konzertreise, die ich im Jahre 1954 durch Italien
machte. In der Bibliothek von Neapel fand ich das
Manuskript einer unveröffentlichten Oper "Il Flaminio"
von Pergolesi. Ich notierte mir einige Themen, die mich
besonders ansprachen und schrieb noch während der Reise
mein Divertimento nieder, indem ich quasi durch die
Brille unseres Jahrhunderts die in Vergessenheit
geratenen Themen zu einer eigenständigen Komposition in
drei Sätzen für Cembalo und Orchester geformt habe. Das
Werk erfreut sich besonderer Beliebtheit - vorallem in
den USA - , da die Beiträge zu dieser Literatur (Cembalo
und Orchester) nicht sehr reichhaltig ist.
Bertold
Hummel
Presse
Gießener
Allgemeine Zeitung 11.2.1998
Das eingängige
dreisätzige Stück erinnert in der Verschmelzung von
alten Themen und Figurationen mit Neuem im Hörbild etwas
an Benjamin Britten. Interessant instrumentierend -
ungewohnte Effekte mit Harfe - sorgt Hummel immer dafür,
dass das Cembalo nicht als Continuo-Instrument in den
Hintergrund tritt.
Main-Post
8.2.1971
Das amüsante
und kapriziöse Werk, dem das Zusammenklingen von Cembalo
und dem geschickt besetzten Orchester durch die
gelegentliche Gegensätzlichkeit in Klangwert und Stil
den besonderen Reiz gibt, wurde mit spürbarer Freude und
guter Einfühlung nachgeformt.
Main-Post
Die letzte
Abendmusik im Gartensaal der Residenz hatte, wie auch
die übrigen, noch eine moderne Pointe; Sie brachte ein
Werk eines Würzburger Komponisten als Erstaufführung,
das Divertimento capriccioso für Cembalo und
Orchester von Bertold Hummel, dem Lehrer für Komposition
am Bayerischen Staatskonservatorium der Musik, ein
Stück, das dem Abend etwas Fröhliches, Beschwingtes,
Aufgewecktes verlieh.
Hummel besitzt das Talent, die Stilmittel unserer Zelt
mit leichter Hand zu benützen. Er nimmt die Instrumente
bei ihren charakteristischen, aber auch bei ihren
auffallenden und überraschenden Farben und er spielt sie
so gegeneinander aus, daß sich hübsche und manchmal auch
witzige Kontraste ergeben. Hier macht er seiner Musik
auch noch die Freude, ein bißchen burlesk, ein bißchen
kokett zwischen den Zeiten pendeln zu dürfen! Er hatte
eine barocke "Vorlage" gewählt, es schwirren Motive von
Pergolesi durch diese Musik, wo sie sich, sozusagen von
allen Seiten, zeitgenössischer Kunstfertigkeit
ausgesetzt sehen; die dreht und wendet die elegante
Altmeisterlichkeit nach Laune und List, nach kessem
Belieben, und so ist sie nicht nur sich selbst, sondern
auch dem, der sich's anhört, sehr zu Gefallen. Gleich in
den ersten Satz, das Concerto, bläst das Blech
hinein, als gelte es zu einem Marsch zu blasen, das
Schlagzeug stößt rasch hinzu, und vermag nicht weniger
mundfaul zu reden, die Trommel gar ist zu einem Wirbel
bereit, der seiner selbst so sicher ist wie des Effekts,
den er auslöst. Anders zucken die Instrumente in der Serenata
auf, sie kommen hier ein wenig ins Schweben, der
Rhythmus hat sich verändert, man redet einander
gemächlicher an, aber doch so, daß man des Humors voll
gewahr bleibt: Er fällt dann im Capriccio, dem
Schlußsatz, in sein volles Gewicht.
Das Cembalo hat in dieser Runde die erste Stimme und es
macht von ihr souveränen Gebrauch. Oft bindet es nach
barocker Sitte das Ensemble der Stimmen zu einem Ganzen,
auch wo es den Wortführer macht, erst recht aber wenn es
auf Beharrlichkeit drängt, weil die anderen Instrumente
das Recht, Solist zu sein, nur auf sich anwenden wollen.
Dann tut es, als ob es nur Begleitstimme wäre und läßt
Rede und Wechselrede In dieser musikalischen Debatte auf
seinem Rücken austragen.
Für den Cembalospieler heißt es also nicht zuletzt,
parieren zu können; Seine Reaktion muß akkurat, sein
Spiel von äußerster Flüssigkeit sein, ein agiles
Temperament ist da vonnöten.
Otto Strodel
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